Facebook hat nicht energisch unterbunden, dass die Daten seiner Nutzer missbraucht wurden. Ich bin zutiefst erschüttert!
Fest an das Gute glaubend höre ich auf dem Weg ins Büro Radio, als diese Nachricht mein Weltbild ins Wanken bringt. Über irgendeine dubiose App hat ein findiger und skrupelloser Geschäftsmann Nutzerdaten abgegriffen. Und zwar nicht, wie eigentlich vereinbart, von den Nutzern dieser App, sondern darüber hinaus von deren Freunden …
50 Millionen Datensätze hat er so erbeutet.
Wer jetzt wirklich glaubt, dass das ein außerordentlicher Skandal sei, der lebt aber wohl in einer anderen Welt. Über Plattformen wie iCloud, WhatsApp oder Facebook findet man regelmäßig immer wieder solche und ähnliche Berichte. Wer seine Daten solchen „Diensten“ zur Verfügung stellt, der müsste wissen, dass das Geschäftsmodell die Verwertung vorsieht … und den Missbrauch billigend in Kauf nimmt. So erklärt sich auch die halbgare Löschaufforderung an den Datendieb nach Bekanntwerden des Diebstahls. Man will sich ja nicht sein Klientel vergraulen.
Was mich eigentlich bei dieser Meldung auf die Palme gebracht hat, war die Erkenntnis, wie aus alltäglichen Meldungen Skandale konstruiert werden, wenn es in das redaktionelle Konzept passt. In diesem Fall war es so, dass mit den Daten über den Umweg via einer britischen Agentur der amerikanische Wahlkampf manipuliert wurde. Man war in der Lage, ganz gezielt personalisierte Werbung zu platzieren. Auf den einzelnen Empfänger ganz genau abgestimmt. Die Wahlkampftruppe von Mr. Trump hat also genau das getan, wofür man solche Daten beim Zuckerberg-Konzern überhaupt sammelt. Dass sie die Daten nicht bei Facebook, sondern bei einem anderen Datendieb gekauft haben, spielt doch bei der moralischen Beurteilung gar keine Rolle, oder?!
Und so werden jetzt die Freunde der Nutzer jener Betrüger-App, die am Anfang dieser Kette stand, gleich zum zweiten Mal missbraucht. Nachdem man ihre Daten schon völlig ungeschützt hat rumliegen lassen, wird nun auch noch politische Propaganda daraus konstruiert.
Wer ist eigentlich am Ende der Geprellte in dieser Geschichte?
Facebook, weil Daten ohne Vertragsgrundlage abgegriffen wurden? Der Facebook-Nutzer, weil seine Daten nicht ausreichend geschützt waren? Die Trump-Wahlkampftruppe, weil ihnen Daten verkauft wurden, die man unrechtmäßig erschlichen hatte?
Oder der Radiohörer, dem mit unvollständiger Information Skandale vorgegaukelt werden, wo gar keine sind?!
Wir müssen uns einfach bewusst machen, dass nur unser gesunder Verstand und das kritische Hinterfragen aller Informationskanäle uns vor der totalen Manipulation schützen kann. Die Wahrnehmungsblase, die um uns erstellt wird, macht uns immer mehr blind für die wirklichen Zusammenhänge und gaukelt uns eine eigene Meinung vor, die in Wahrheit nur von außen so gesteuert wird, wie es gerade am besten bezahlt wird.
Es wäre ein wenig unehrlich, das jetzt einfach so zu verteufeln.
Unsere Gesellschaft ist so verflochten, dass wir irgendwie alle von diesem Datenmarkt und der Werbebranche abhängen. Wie viele Arbeitsplätze und Existenzen wären gefährdet, wenn man die Nutzung von Internetdaten zum Zwecke der gezielten Information, ich fasse hier mal die Werbung großzügig auch unter dem Begriff Information, plötzlich verböte?
Aber wir sollten uns mehr bewusst machen, wie einfach es ist, uns zu manipulieren, bei der Menge an Informationen, die über uns inzwischen verfügbar sind. Und wir sollten uns auch bewusst machen, dass unsere Daten ein Wirtschaftsgut sind. Wenn man damit schon Geschäfte macht, dann sollten wir auch zusehen, dass wir unseren gerechten Anteil daran haben. Das ist sicher eine Utopie, aber … Der Herr deiner Daten bist du! Gehe sorgfältig damit um!